350 Jahre Silvaner, das wird allerorts gefeiert und man hat hier in Bayern mitunter den Eindruck, dass der Silvaner eine fränkische Erfindung ist. Seit 1659 wird er nach eigenen Angaben in Castell`schen Domänenamt gepflegt und gilt natürlich als typischer Vertreter des fränkischen Weins.
Ich gebe ja zu, dass er für Franken (und Franken für ihn) wichtig ist, aber die Präsentation der Rheinhessen Connection hat mit dem Silvaner Workshop der Weinakademikerin Susanne Platzer alles in ein anderes Licht gesetzt. Für mich jedenfalls…
Rheinhessen ist mit ca. 26000 Hektar Rebfläche das größte Weinanbaugebiet Deutschlands. Boden, Klima und Relief sind die natürlichen Faktoren des Terroirs. Bedeutend für die Eigenschaften einer Weinbergslage ist die Form des Geländes und der Boden. Von seinem Nährstoff-, Wasser- und Lufthaushalt sowie der Erwärmbarkeit und Durchwurzelbarkeit werden Reben, Trauben und Wein entscheidend mitgeprägt.
10 % der Reben in Rheinhessen sind Silvaner, also rund 2500 ha.
In Franken sind es gut 20% der Rebfläche und somit ungefähr 1200 ha.
Im Elsass hat es 2000ha (Schieferböden), in der Pfalz 900 ha und in Österreich (das als Ursprungsland gilt) nur mehr 50 ha.
Das Südtirol Eisacktal /Schweiz Wallis bauen ebenfalls Silvaner an.
Der Silvaner ist nach seiner genetischen Struktur eine Kreuzung aus Traminer x Österreicher weiss. Viele Jahre war diese Rebe in Deutschland die absolute NUMMER EINS.
Der Klimawandel und die damit verbundene Erwärmung der Weinberge führte im letzten Jahrhundert (in den 1970er Jahren) dazu, dass die Rieslingtrauben nun öfter ausreifen und auch ohne die Unterstützung des Silvaners als Cuvee Partner vollmundig bestehen.
Der Silvaner ist eher eine Weinart als ein bestimmtes Geschmacksprofil. Und damit sind wir endlich bei der Verkostung:
Silvaner mit Terroir – Appeal
2007 Silvaner trocken Selection Rheinhessen, Weingut am Rothes, Aspisheim, Ökoweingut
3,9 RZ / 5,5 S Kalk /Sandstein 28 Jahre
Dieser Boden kann aufgrund des hohen Sandanteils nur geringe Wassermengen speichern. Tief wurzelnde Reben können allerdings größere Wassermengen erschließen:schnelle Erwärmbarkeit und gute Wärmespeicherung des Bodens. Der im oberen Bereich der zuletzt überwehten Sande kalkreiche, sonst carbonatarme Boden ist insgesamt nährstoffarm – nur der eingearbeitete Humus mindert diesen Mangel. In trockenen Jahren kommt es zu Wasserstress.
Die Trockenheit bedingt geringe Erträge und damit dichte Weine. Die Wärmespeicherung reduziert die Säure.
Weinbeschreibung: mineralische Nase, feste Struktur, gute Länge, Druck am Gaumen, kräutrig, rauchig, Obst Melone Quitte, Milde Säure, füllig
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
2007 Silvaner trocken Selection Rheinhessen, Weingut Michel-Pfannebecker, Flomborn
Kalk /Verwitterungsgestein / Kalkmergel 6 RZ / 6,2 S 47 Jahre
Ausgangsmaterial dieses Bodens sind 31 bis 24 Millionen Jahre alte tonige Meeresablagerungen des tertiären Mergels.
Bodeneigenschaften: Mischform
Der Boden kann viel Wasser speichern. Ein großer Teil ist jedoch fest gebunden. Im feuchten Zustand schließt der Druck des stark aufquellenden Materials die Poren des Bodens, was Luftmangel und erschwerte Durchwurzelung zur Folge hat.Die Nährstoff- und Kalkgehalte sind hoch. Der Boden erwärmt sich im Frühjahr nur langsam. Trotzdem können bei begrenzten Erträgen sehr interessante Qualitäten entstehen.
Weincharakteristik:
Der kalkhaltige Boden liefert Weine mit hoher Mineralität und großer Nachhaltigkeit. Sie sind langlebig und besitzen hohe Dichte und Komplexität.Weinbeschreibung: Soja, Fleischextrakt, verschlossen, braucht Luft, Johannisbeere / Cassis, würzige Art, elegant, anhaltend am Gaumen, saftig.
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
2007 Silvaner trocken Quarzit, Weingut Riffel, Bingen – Büdesheim
Sandstein / mit Schiefereinschlüssen 6,7 RZ / 5,4 S 20 Jahre
Ausgangsgestein dieses Bodens ist Quarzit. Die Quarzitvorkommen Rheinhessens bei Bingen sind ein erster „Vorposten“ des Schiefergebirges im Norden. Ihre Bildung begann vor über 400 Millionen Jahren (im Devon). In einem Meeresbecken wurden sandige Sedimente abgelagert. Sie verfestigen sich in den folgenden Millionen Jahren zu Sandstein und im Verlauf der Auffaltung des Gebirges weiter zu Quarzit.
Bodeneigenschaften:
Quarzit ist arm an Nährstoffen. Da die geringe Lößgehalte weitgehend entkalkt sind, ist seine Reaktion neutral oder schwach sauer. Er hat eine durchschnittliche Wasserspeicherfähigkeit. Die sehr steinige Lockermaterialdecke ist gut durchwurzelbar, der darunter liegende Fels nur in Klüften. Gute Durchlüftung und schnelle Erwärmung sind wichtige Vorteile dieses Bodens.Weincharakteristik:
Von diesem Boden kommen elegante, ausdrucksstarke, mitreißende Weine mit enormer innerer Spannung – man glaubt die Mineralien des Quarzit zu schmecken.Weinbeschreibung: Offene Nase, fruchtig Rieslingtyp, gute Länge kraftvoll und Druck am Gaumen.
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
2007 Silvaner trocken SR, Weingut Steitz, Stein-Bockenheim
5,7 RZ / 5,8 S 26 Jahre / Karaffe / Spontangärung
Das hier anstehende Gestein ist Rhyolith, ein auch als Quarzporphyr bekanntes, helles und saures (quarzreiches) magmatisches Gestein. Es entstand, als vor 250 bis 350 Millionen Jahren flüssiges Magma im Nordosten Rheinhessens durch die Erdkruste aufstieg. Es erreichte die Erdoberfläche jedoch nicht, vielmehr blieb es bei seinem Aufstieg oberflächennah stecken, erkaltete und erstarrte dort zu Rhyolith.
Rhyolith verwitterte teilweise zu einem Lehm-Grus-Gemisch, Löß entkalkte und wurde zu Lößlehm.Herausragende Merkmale dieses Bodens sind seine saure Reaktion und seine Nährstoffarmut. Die hohen Steingehalte und der lehmige Feinboden führen zu einer mittleren Wasserspeicherfähigkeit und einer guten Wärmespeicherung bei zunächst im feuchten Zustand verzögerter Erwärmung.
Riesling zeigt häufig Feuersteinaromen in der Nase; die Weine sind eher schlank, säurebetont und mineralisch. Die Top-Weine schmecken erst nach mindestens einem Jahr. Das Reifepotential ist sehr gut.
Weinbeschreibung: aromatischer Mittelbau, wenig Mineralität, Mirabelle, Melone, Birne, frisch harmonisch, mittlere Länge
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
Silvaner-Profile: Spaßweine, Menuweine, Unikate
2008 RS Rheinhessen Silvaner trocken, Weingut Eppelmann, Stadecken-Elsheim
Kalkuntergrund / Urgestein 6 RZ / 6,4 S 6 Jahre
Die Charakteristik dieses Bodens gründet auf seinem hohen Anteil an Ton (80%). Er kann viel Wasser speichern, einen großen Teil bindet er allerdings so fest, dass die Reben ihn nicht nutzen können. Durch den hohen Wassergehalt im Frühjahr erfolgt die Erwärmung des Bodens verzögert. Der Lößanteil und die Bindungsfähigkeiten der Tonminerale gewährleisten eine gute Nährstoffversorgung bei hohem Kalkgehalt. Der sehr steinige Untergrund ist nur schwer durchwurzelbar
Rieslinge mit eleganter, kühler Mineralik – vor allem in der Länge des Weines. Feste, salzige Aromen sind kombiniert mit der frischen Frucht der Traube. In der Jugend sind die Weine verschlossen. Sie sind gehaltvoll und fruchtig. In guten Jahren haben sie sehr großes Entwicklungspotential.
Verschiedene Klone, verschiedene Reifegrade verschiedene Säuregrade, positive Handvorlese, Maischestandzeit ist unerlässlich lässt sich sonst nicht pressen, angequetscht 8 Stunden,
50 Tage Gärung (normal 30 Tage erwünscht), 2 Monate auf der Hefe 9.10 bis 20.12.
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
2007 Silvaner trocken, Alte Reben, Weingut Gutzler, Gundheim
Lehm / Löss 4,6 RZ / 5 S 74 Jahre alte Stöcke wurzelecht
Selektive Ernte Verarbeitung Ohne Pumpe
Gärung im neuen 900 l Fass (Französische Eiche)
Hefelager bis Juni
Durch Löss kann der Boden ausreichende Wassermengen in pflanzenverfügbarer Form speichern. Wegen der Sandanteile ist er zusätzlich sehr gut durchlüftet und erwärmt sich etwas schneller als reine Lößböden in ähnlicher Lage. Der problemlos durchwurzelbare Boden stellt eine gute Nährstoffversorgung sicher. Die Vegetationsentwicklung (Blüte, Reifebeginn) ist zügig und früh.
Weincharakteristik:
Optimale Ausprägung der Aromen, mineralische Weine mit stabiler Säure. Ein guter Boden zur Erzeugung langlebiger Rot- und Weißweine.
Weinbeschreibung
Kraftvoll, Burgunder-Art!, dicht komplex, üppig
Quelle: Susanne Platzer, Weinakademikerin
Tja, wer bei diesem Workshop nicht dabei war, dem helfen diese Informationen ja vielleicht im Selbst-Versuch… also uns hat bei der kleinen Nachverkostung der Silvaner von Steitz besonders gefallen.