Echt UN-Perfekt – in Deutsch

Manchmal fühle ich mich alt.
Ziemlich alt sogar. Zum Beispiel wenn ich meinem Sohn bei der Vorbereitung auf den Jahrgangsstufen-Test in Deutsch helfe.
Oder besser – helfen will.

Denn da stoße ich plötzlich an Grenzen.
Sie ähneln stark „der Wand“, die Marlene Haushofer aufhielt.
Unerwartet, Unsichtbar, Unnötig, Unüberwindbar, Unerklärlich.

Um ihm die einzelnen Zeitformen der deutschen Sprache leichter verständlich zu machen, habe ich eine kleine Liste angefertigt.
Gegenwart – Präsens
Zukunft – Futur
Vergangenheit – 1. Imperfekt, 2. Perfekt, 3. Plusquamperfekt

Soweit alles klar.
Doch dann stoßen wir auf einen Frage nach dem Präteritum…
Mist – was ist das?

Die erste Vergangenheit.

Doch die heißt doch „Imperfekt“ – meint auch sein Lehrer, wie er mir sehr glaubhaft versichert… – naja, der ist schließlich auch locker in meiner Altersklasse 😉

Also – ran ans Quellenstudium – da bin ich als Journalistin immer schnell mit bei der Hand:


„Schülerduden“ (von Duden 2008) – da sind die Zeiten natürlich gar nicht erwähnt, aber bei den Fremdworten wird das Ignorieren dieses Teils der Grammatik wenigstens auch konsequent fortgesetzt.
Doch wer Reflexivpronomen in seiner Auflistung vergisst, braucht auch keine grammatikalischen Fachbegriffe aus der Zeit-Grammatik, die die Kinder ja vielleicht mal nachschlagen wollen aufzuführen.
Eh klar.

PONS „Deutsche Grammatik & Rechtschreibung“ (2010) verweist bei Imperfekt auf Präteritum und ist sich dann bei der Erklärung des Präteritums auch nicht zu schade Imperfekt wenigstens noch mal in Klammern zu setzen.

Allerdings gibt es bei PONS „Auf einen Blick“ (2003) keinen solchen mehr zum Imperfekt – da fehlt wohl der Platz. Schade.

Das WAHRIG „Navi Deutsch“ findet den Begriff Imperfekt wohl auch völlig überholt.
Wie die allerdings zur Vergangenheitsreihenfolge Perfekt – Präteritum – Plusquamperfekt kommen, ist mir nicht klar….

Was mich allerdings richtig ärgert, ist die unterschiedliche Vorgehensweise bei den Lernhilfen:

MANZ schließt Imperfekt vollständig aus. Gibt es nicht.
Bei STARK hingegen, werden beide Begriffe verwendet und aufgeführt.
Beides sind natürlich aktuelle Hefte.
In der Schule wurde bei meinem Sohn mit STARK gearbeitet und wenn wir nicht daheim MANZ genutzt hätten, wäre uns das ganze Problem vielleicht gar nicht aufgefallen.

Und das, bei einer Zeitstufe der deutschen Sprache, die im gesprochenen Wort kaum mehr Bedeutung hat.
Oder sagt jemand von euch: ich las heute Annes Blog?

Nein, natürlich nicht.
Und nicht, weil ihr nicht fleißig verfolgt was ich mir so denke, sondern weil ihr sagen würdet: ich habe Annes Blog gelesen…

Was mir im Netz noch zum Sinn und Unsinn von Imperfekt und Präteritum auffiel, war ein Zwiebelfisch-Abc-Artikel, der auch Aufschluß über die Herkunft der beiden Bezeichnungen gibt und ein umfassendes 101 Minuten Erklär-Stück von Belles Lettres.

Das geht mir dann für den Jahrgangsstufen-Test doch entschieden zu weit.

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