Törsche Woor und Grön Hein


Also „Türkische Ware“, als Sammelbegriff für

„Busch-, Stangen- und Feuerbohnen sowie weitere ”Küchengartengewächse**”

** Lueder, F.H.H.: Vollständige Anleitung zur Wartung aller in Europa bekannten Küchengartengewächse, Lübeck 1780. Die bei Lueder genannte Türksche Melisse wird heute Türkischer Drachenkopf genannt und der Türkscher Weizen ist unser Mais.

Quelle: VEN, aus ”Hamburger Gemüsegarten” im Freilichtmuseum am Kiekeberg
Stephan Kaiser

kannte ich noch nicht. Als Hamburgerin ist mir aber der Begriff „Türkscher Kram“ durchaus geläufig.
Das bezeichnet nämlich alles, was einem ein wenig suspekt ist.
Kenne ich wahrscheinlich von meinen Seefahrer-Vater.

Stephan Kaiser hat viele Hintergründe zu den Türkschen Erbsen (die in Wirklichkeit Bohnen sind) und das traditionelle norddeutsche Gericht „Grüner Heinrich“, das aus Birnen, Bohnen, Speck und Kartoffeln besteht, zusammengetragen.
Es handelt sich bei den Türkschen Erbsen um sogenannte Perlbohnen, bei denen sich die innenliegenden Kerne deutlich in der äußeren Schale abzeichnen. Trotzdem isst man die ganzen grünen Bohnenschoten und holt die Kern

Wer mehr über die super recherchierten und dargestellten Zusammenhänge erfahren will, sollte sich unbedingt mal die Seite von VEN, dem Verein zu Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. anschauen.
Und die Infos zum Hamburger Gemüse im Samensurium 10/1999 finde ich nun echt super.
Vor allem auch, dass diese Quelle online zugänglich ist.

Denn als Hamburger Deern finde ich Türksche Erbsen für mein Buch natürlich unumgänglich .-)
Ich liebe Birnen, Bohnen und Speck und kann mich sehr gut erinnern, wie meine Mutter mir als Kind ein Ministücke von jedem Bestandteil zugleich auf die Gabel zu vereinen.

Das is-er der Ise-markt…

Also so eine Auswahl habe ich nun wirklich noch auf keinem deutschen Markt gesehen...
Also so eine Auswahl habe ich nun wirklich noch auf keinem deutschen Markt gesehen…
Isemarkt.
Jeder Hamburger schüttelt entsetzt mit dem Kopf, dass ich nicht weiß was und wo das ist.
Na ja – wie in anderen Großstädten auch, sind auch wir Wandsbeker eher bei „unserem“ Markt.

Doch als ich Internet schaue, bin ich schon ein wenig beeindruckt: einer der schönsten Wochenmärkte (rund hundert gibt es in Hamburg), eine Institution mit dreihundert Händlern, besonderes Ambiente… und und und.

Also steige ich ins Auto und fahre bei Dauerregen nach

Der Markt ist unter der Hochbahn zwischen den Haltestellen Hoheluftbrücke und Eppendorfer Baum. Da kommt wenigstens der Regen nicht gut hin.
Aber drumrum wie erwartet ein Parkchaos.
Und wenn ich ganz ehrlich bin – schon schöne Stände mit anderen Angeboten. Aber alles schon sehr in Schickimicki-Hand.
Nur der Pilzmann, der sogar Krause Glucken hat, der beeindruckt mich nachhaltig.

Wandsbeker Markt ist da doch eher meins…

Vierländer Platte

Hatte ich nicht bereits über den unberechenbaren aber dennoch enorm wichtigen Faktor „Glück“ mit euch gesprochen?

Da bin ich eigentlich ziemlich sicher.
Jedenfalls war ich heute noch mal in Wilstedt bei Jochen und habe mir in aller Ruhe die ganze Anlage zeigen lassen. Ständig hatte ich irgendein Blättchen zum Probieren im Mund und habe dabei so einige Neuheiten entdeckt, die ich gerne auch in meinem Garten hätte:
Jochen hat verschiedene Raukeformen, eine eher milde und dann eine echte wilde – beide wirklich sensationell.

Auch zwei Kräuter, die sehr Lakritzig sind. Ist ja nicht so meins, aber mein Mann liebt es und ich brauche es natürlich immer wieder in der chinesischen Küche.

Last but not least – Bremer Scherkohl.
Den habe ich nun erstmals probiert und bin wirklich, echt total begeistert!
Jochen meint, er würde ihn nicht so groß wachsen lassen. Ich habe entsprechend auch ganz junge Blätter geknabbert – super!
Erinnert mich gleich mal wieder an das Pesto ohne Knoblauch meiner Freundin Andrea, die mir ja auch schon von Meterhohen Basilikumsträngen berichtet hat (die in ihrem Pesto und in dem von Jochen keine Verwendung finden 😉

Doch jetzt noch mal zum Glück: ich habe im Verlauf des Tages ein wenig wegen Tomaten und Gurken gejammert.
Da packt Jochen mir plötzlich einige Tomaten hin und meint nur „Vierländer Platte“….

Super!
So muss es gehen.
Dann klappt´s auch mit dem Nachbarn.

Wilstedter Kohlmarkt

Leer sieht anders aus
Leer sieht anders aus


Da bin ich nun, wie angedroht, auf dem Kohlmarkt in Wilstedt. Ist eigentlich gar kein Kohlmarkt, sondern ein Schlemmermarkt.

Irgendwie habe ich es mir alles etwas anders vorgestellt, muss mich wirklich erst wieder an meine norddeutsche Heimat gewöhnen. Alles hier ist ein wenig weitläufig 😉
Und so ordentlich…

Aber hier und heute lerne ich Jochen (meine hilfsbereiten Gemüsefachmann) endlich persönlich kennen. Das Wetter könnte nicht schöner sein und so leer ist es nun auch nicht wirklich.

Es gibt eine ordentliche Ansammlung von Ständen, Kochstationen und Handwerkern.
Auch Karsten Ellenberg steht mit seiner Kartoffelvielfalt hier.
Bei ihm schaue ich natürlich auch kurz vorbei. Keine Zeit, aber so weiß man wenigstens, mit wem man es zu tun hat, wenn wir später telefonieren.

Mangold gab´s bestimmt auch irgendwo
Mangold gab´s bestimmt auch irgendwo
Die Kochstationen bieten ganz kleine Portionen, damit man möglichst viele verschiedene Sachen probieren kann.
Man mümmelt sich also sozusagen durch diesen Markt.

Mein absoluter Favorit ist „Bio-Pergraupenrisotto mit Nero di Toskana (schwarzer Kohl), rote Bete-Walnusspesto und Birnenkompott“. So eine Probierportion kostet dann 2,50 Euro.
Finde ich in Ordnung.

Sebastian Schneider vom Restaurant Bloom in der Botanika in Bremen hat es aus Zutaten von Green Golds (das ist Jochen!) gekocht.

Leider bin ich allein – da kann und werde ich natürlich auf das passende Glas Wein verzichten…

Auch Filder Spitzkraut, das ja hier eigentlich gar nicht so wirklich beheimatet ist, finde ich hervorragend.
Und die Präsentation der Stände ist wirklich sehr gelungen.

Bei Jochen ist viel los – wenn die Menschen an den Ständen die Sachen probiert haben, kommen sie anschließend zu den Produzenten und holen sich die Produkte. Außerdem hat er sein Schwester und jede Menge Pestos und Marmeladen dabei… alles wirklich hervorragend.

Nur zum Quatschen kommen wir natürlich kaum – aber das war abzusehen.
Dazu komme ich ja in zwei, drei Tagen noch mal her.

Mein Kampf um den Rhabarber

Der will sich vor mir verstecken - aber ich erwische ihn!
Der will sich vor mir verstecken – aber ich erwische ihn!

Manchmal ist es das „Zuwenig“, dass es mir schwer macht.
Doch diesmal ist es wohl eher das „Zuviel“.

Ich habe mittlerweile so viel über Rhabarber gesammelt, gelesen und gehört, dass ich nicht mehr so richtig weiß was ich darüber schreiben soll.

Dabei hat Rhabarber eh schon mehr Platz als andere Gemüsesorten.
2 Seiten Rhabarber plus 2 Seiten Rhabarberzüchter.

Aber das rettet mich nicht.
Es gibt einfach unendlich viele schöne Geschichten im Hintergrund: die Chinesen und ihre Geschäftstüchtigkeit, die Russen und die erste weltweite Qualitätskontrolle, die Rätsel um Namen und Ursprung des Rhabarbers, die Verwirrungen um die unterschiedlichen Arten, Anekdoten rund um Rhabarber in unserem Land und vieles mehr.

Der erste Textenentwurf ist entsprechend umfangreich, fundiert und klar. Das ist meine Art mich einem Thema zu nähern und es dann wieder allein zu lassen. Ganz allein. Am liebsten ein paar Tage.

Das kostet mich natürlich Zeit und Mühe, aber wenigstens weiß ich um meine Fehler und arbeite daran sie zu beheben 😉
Warum ich diesen ersten Entwurf so schreiben muss, weiß ich nicht – wundere mich aber natürlich eher über Menschen, die nicht so arbeiten.

Und danach geht es plötzlich besser.
Ich habe alles einmal erklärt und ausformuliert und kann im zweiten Schritt viel leichter über Rhabarber philosophiere… habe die Leichtigkeit Dinge ungesagt zu lassen, ohne die Zusammenhänge zu vergessen.

Viel einfacher sind da natürlich Reportagetexte, denn da ist der fachliche Anteil geringer und ich sehe den Menschen und das Produkt vor mir.

Zum Glück habe ich in der nächsten Bearbeitungsrunde Freunde, die meine Texte dann erstmals lesen und redigieren. Da fallen (hoffentlich!) dann die meisten Gedankensprünge und Fehler auf, bevor das Lektorat sich der Sache annimmt.
Und ich natürlich erneut mit den Beschreibungen und meinen eigenen Ansprüchen konfrontiert werde, bevor ihr sie dann irgendwann vorgesetzt bekommt.

Eine stachelige Angelegenheit

Vielleicht doch lieber Artischocke??
Vielleicht doch lieber Artischocke??

Eine Distel zum Essen.
Manchmal wundert man sich schon wo unsere Vorfahren ihre kulinarischen Köstlichkeiten gesucht und gefunden haben.

Aber da ich bekennender Artischocken-Süchtling bin, hat mir die Idee einer alten und wilden Variante natürlich sogleich gefallen.
Es war nicht so einfach das Lektorat von der Notwendigkeit einer Beschreibung zu Cardy zu überzeugen.
Kennt heutzutage ja wirklich kaum jemand.
Auch ich musste ein Weilchen suchen…

Die Genfer haben schließlich wirklich geholfen.
Dort gehört ein Cardylauflauf ganz traditionell zu einem guten Weihnachtsessen.

Die Hugenotten sollen das stachelige Wintergemüse Ende des 17. Jahrhunderts bei der Flucht aus Frankreich sozusagen „im Gepäck“ gehabt haben. Und scheinen die ansässigen Schweizer ja durchaus von seiner Schmackhaftigkeit überzeugt zu haben 😉

Und mein Nord-Joker Jochen möchte auch nicht mehr darauf verzichten. Auch wenn es bei der Ernte nach seiner Schilderung böse pickst:

Auch wenn die Ernte nur unter größten Qualen möglich ist…smile…da helfen sogar die dicksten Oelhandschuhe wenig, die Stacheln gehen dir trotzdem in die Hand….und liegen seine Blätter auch schon total vergilbt im Gras, pieksen sie dich noch durch die Birkenstocklatschen.

Als Kardone findet man die Distel übrigens auch in alten deutschen Kochbüchern. Es war also früher gar nicht so unüblich.
Vom Bleichen, wie es die Genfer machen um die Bitterstoffe zu mildern, will Jochen nichts wissen – er mag sich nicht mehrfach in Gefahr begeben und meint, dass seine biologisch schonenden Anbaumethode gar nicht viel Bitterkeit aufkommen lässt.

Na, mal schauen, ob ich davon etwas merke, wenn ich in den Norden fahre um es mir vor Ort anzuschauen.
Eine ordentliche Rüstung habe ich vorsorglich schon mal geordert!
Wie ich sie transportiere, steht aber noch in den Sternen.