Wo Mikroalgen auf Einhörner treffen

… ist die Altmark. In Klötze steht Europas größte Anlage für Mikroalgen. 150 Kilometer fern des Meeres werden die Algen in 500 Kilometern geschlossenen Röhrensystemen gezüchtet. Mit eigenem Quellwasser. Von Jörg Ullmann, dessen Faszination für Algen sich erst nach dem Biologiestudium entwickelte und seither beständig wächst. Seine Frau Kirstin Knufmann macht aus den kleinen Powerteilen derweil witzige, gewagte Lebensmittel.

Chlorella – Grünalge

Sie ist der derzeitige Star aus Klötze – Chlorella. Eine kugelige, knallgrüne Mikroalge, die weltweit zu finden ist und schon seit den 1950er Jahren in Asien als Nahrungsergänzungsmittel erfolgreich vermarktet wird.

„Der Name dieser einzelligen Wasserpflanze leitet sich vom griechischen chloros = grün, gelbgrün und –ella = klein ab.“ Algomed.de

Chlorella besteht etwa zur Hälfte aus Protein und enthält von allen derzeit bekannten Pflanzen den höchsten Anteil an Vitamin B12 und Chlorophyll. Außerdem zeichnet sie sich durch Folsäure, Eisen, Beta-Karotin, Lutein und Alpha-Linolsäure aus

Man kann mit Chlorella wahlweise Lebensmittel grün färben oder diese gezielt mit Inhaltsstoffen anreichern.

Helga & Bobei – aus Mikroalgen

Einige Algenprodukte sind bereits zu haben. „Helga“ hat es in die „Höhle der Löwen“ und mit einem neuen Unterstützer (Ralf Dümmel) wieder raus geschafft. Die Algenlimo soll gesund und lecker sein. Gesund durch ihre Inhaltsstoffe und vor allem den hohen Anteil an Vitamin B12. Lecker kann ich nicht so nachvollziehen – ich finde, sie schmeckt wie leicht sprudelnder Dünengrünschnitt.

Grüne Nudeln werden in der Altmark selbstverständlich nicht länger mit Spinat oder Brennnessel, sondern mit Chlorella gefärbt. 

Auf der Suche nach einer Chlorealla mit vielen guten Omega-3-Fettsäuren entstand sozusagen als Zufallsprodukt „Bobei“, ein Ei- und Butterersatz – knallgelbes Chlorella 😉

Mit 70 Prozent weniger Fett und 25 Prozent weniger Kohlenhydraten. „Backen ohne Butter und Ei“ gewann 2016 den Vegan Innovation Award und fiel mir auf der Biofach 2017 in die Hände. Bei einer Pressereis in der Altmark bin ich dann sozusagen zu ihren Wurzeln gekommen.

1 EL Bobei mit 40 ml Wasser ersetzt ein Ei, 30 g Bobei mit etwas Wasser 100 g Butter. Spannend natürlich vor allem für Veganer. Ich suche aktuell nach keinem Butter oder Ei-Ersatz 😉

Spirulina – Blaualge

Nicht nur im Rahmen des Einhorn-Hypes läuft nun eine weiter Alge aus der Altmark ebenfalls zur Hochform an: Spirulina. Sie ist eine gesunde, biologische Alternative zu allen blauen Lebensmittelfarben auf dem Markt 😉

Phycocyanin macht es möglich. Es wird durch schonende Kaltextraktion aus Spirulina gewonnen und färbt Speisen geschmacksneutral blau.

Kirstin Knufmann bietet zum Beispiel  „Einhornzauber“* an. Eine fertige Trinkmischung mit Stärke, Lithothamnium calcareum (Kalziumalge), Baobab und Magic Blue –  färbendes Lebensmittel aus Spirulina und Apfel.

Ich experimentiere lieber selbst mit Magic Blue und halte euch auf dem Laufenden ;-). Wenn ihr Ideen oder Wünsche habt, gerne in den Kommentaren…

Die Zukunft der Algen

Die Weltbevölkerung wächst, der Planet und die landwirtschaftlich nutzbare Fläche nicht. Da kann und könnten Algen ein wichtiger Bestandteil der Ernährung werden. Denn der Ertrag der Mikroalgen ist enorm. Auf einem Hektar Fläche (die überall auf der Erde sein kann – in der Wüste, auf dem Meer)  entsteht pro Jahr mindestens 25.000 Tonnen Biomasse aus Algen. Im Vergleich: ein Landwirt erzielt auf einem Hektar im Jahr zwischen 5 und 8 Tonnen Nahrung. 

Aber natürlich ist nicht alles rosig. Man sieht den Algen nicht an, woher sie genau stammen und Meeresalgen filtern das Wasser, reichern sich mit Schwermetallen und Mikroplastik an.

Bei den Mikroalgen aus der Altmark kann man davon ausgehen, dass sie keinen Verschmutzungen und direkten Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, da die Röhrensysteme geschlossen sind.

Chlorealla wird als Tablette, Pulver oder verarbeitet (zum Beispiel in Nudeln) angeboten, Spirulina als Pulver oder bereits verarbeitet. Die Preise variieren stark. Von 50 Euro pro Kilo bis 160 Euro – da muss man genau aufpassen, wo es herkommt und wie rein es ist.

Doch auch wenn man die billigste Variante aus China nimmt (von der man ehrlicherweise gar nichts weiß und die ich nicht nehmen würde) – unter 15 Euro pro Kilo geht nichts. Und so sind Mikroalgen derzeit wirklich teuer und keine günstiges Eiweißprodukt.

Sojaschrot der besseren Qualität (also nicht das aller günstigste) kostet ab 50 Cent pro Kilo 😉

Auf der Biofach sind auch 2018 (14.-17. Februar) die Algen auf dem Vormarsch,   rund 50 Produzenten bieten die Möglichkeit mal zu schauen und zu verkosten, was da aus dem Meer und den Algenanlagen auf uns zukommt. Erstmals habe ich eine Firma entdeckt, die Algen zur Verbesserung des Bodens einsetzt. 

FICOSTERRA* heißt die spanische Firma (ab Februar soll neben der englischen auch eine deutsche Seite online sein) und ich bin sehr gespannt, ob das ein weiterer Weg der Algen wird.

*Werbung

Dieser Artikel enthält Links zu Produzenten und persönliche Empfehlungen von mir. Ich bin dafür zwar weder bezahlt noch beauftragt worden, doch da ich Produkte nenne, muss ich dies als Werbung kennzeichnen.

Ich danke dem Verlag für die Zusendung eines kostenlosen Rezensionsexemplars* und Pur Raw* für die Algen, mit denen ich nach Herzenslust probieren und testen konnte. 

4 Antworten auf „Wo Mikroalgen auf Einhörner treffen“

  1. Im aktuellen Heft 3/2018 von Öko-Text wird Bobei mit befriedigend bewertet. Der Grund: eine Verunreinigung mit Chlorat. Den ganzen Artikel findet ihr hier – allerdings nicht kostenlos!

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