Münster – nicht nur Deutschlands Radlhauptstadt

Münster ist die perfekte Stadt, um das Leben mit E-Mobilität zu üben… wer hier lebend davon kommt, braucht vor den leise heran sausenden E-Autos keine Angst mehr zu haben.

Denn wo die Bus- und Taxifahrer mit einer Engelsgeduld durch die vermeintliche Fußgängerzone (ist eigentlich gar keine – aber so was erfährt der naive Besucher nur durch Einheimische), da schießen die Radler von allen Seiten inclusive oben, unten und aus dem Nichts fluchend, fuchtelnd, klingelnd an dir vorbei. 

Münster
Der Prinzipalmarkt ist keine Fußgängerzone…
… merkt nur keiner!

Fahrradfahren in Münster scheint auch eine zusätzliche Slalom-, Gemächlichkeits- und sorry Überheblichkeitsprüfung vorauszusetzen.

Erwischt hat es mich nicht in der unechten Fußgängerzone, sondern beim Überqueren normaler Straßen. Denn die wenig genutzte Fahrbahn für Autos (und doch kommen welche) grenzt an eine hochfrequente Radspur, die ich als rettenden Bürgersteig ausgemacht hatte. Mir fehlten dann immer noch ein paar Zentimeter zum Fußgängerteil des Bürgersteigs. Dieser ist übrigens – auch weil er häufig an der Hausseite liegt – regelmäßig mit Fahrrädern, Anhängern und allem möglichen Zeug vollgestellt. 

Fahrräder in Münster

Wehe, frau weicht dann auf den anderen Teil des Gehwegs aus… dieser ist schließlich kein „Geh-weg“ und die Fahrradfahrer verstehen da keinen Spaß.

Aufgeschnappt

„Sag mal, fährst du auch die ganze Zeit im 2. Gang?“, „Jetzt müssen wir nur noch einen Platz an der Wand finden“… ja, in Münster hat man andere Gesprächsthemen.

Münster Mittlerer Ring

Und der Mittlere Ring auf Münsteranerisch – die „Promenade“: eine zweispurige, autofreie Fahrradstraße, getrennt von nervenden Fußgängern durch eine Baumreihe. Viereinhalb Kilometer lang, umringt er die Altstadt vollständig. Das Münchner Ring-Leitsystem scheint überflüssig – da sind die hier in Münster einfach verkehrstechnisch schon weiter 😉

Fakten zu Fahrrädern und ihren Besitzern

Entgegen des Deutschlandtrends fährt man in Münster mit Licht. Nicht wirklich gezielt – also gern auch unter tags, dafür dann aber auch nur vorn, nur hinten – aber immerhin. Was mich verwundert sind die fehlenden seitlichen Zusatzbeleuchtungen bei den Lastenrädern. Hätte ich erwartet.

Um sein Rad schneller zu finden, ist jede Deko recht

Was ich kaum gesehen habe, sind Laufräder. In Münster scheinen die Kinder dieses Stadion der Eigenmobilität zu überspringen. Oder sie lassen sich einfach länger entspannt chauffieren.

Räder in Münster Ein Münsteraner hat in der Regel mehrere Fahrräder – hier liebevoll  „Leeze“ genannt – und „eine Beziehung“ zu ihnen. Deswegen sei auch der Verlust eines Fahrrads (in Münster gibt es nicht nur deutschlandweit die meisten – rund 500.000 – hier werden auch die meisten – rund 4000 – pro Jahr gestohlen) eher nicht finanziell sondern emotional schwer zu verkraften. So viele schöne Erinnerungen verbinden Rad und Radler*in. 

„Geschenkbändchen“ nennt man sowas in Münster

Wer neu nach Münster kommt – gern zu Studien – begeht meist zwei grundsätzliche Fehler: er bringt sein Fahrrad mit (neu, teuer, schick) und bindet es mit so einem netten Kettchen „Geschenkbändchen“ irgendwo fest. „Ein Fahrradschloss sollte im Vergleich zum Rad teurer sein. Sonst kann man es gleich weglassen.“ Lernt man hier sehr schnell.

Wochenmarkt Domplatz

Wochenmarkt ist Wochenmarkt ist Wochenmarkt. Oder vielleicht doch nicht? Der samstägliche Wochenmarkt vor dem Dom ist mit 150 Ständen der größte hier. Mittwochs sind weniger Stände da und Freitags ist es ein reiner Biomarkt.

Wochenmarkt am Dom

Dennoch habe ich einige Dinge entdeckt, die ich so nicht kannte:

1. Tütenwagen (in Bayern würde man Packerlwagen sagen)- ein Wagen in dem bereits gefüllte Tüten und Taschen zum befreiten Weiterschlendern zwischengeparkt werden können. Praktisch und gut.

2. Pilze – natürlich gibt es auf allen Märkten, meist beim Gemüsehändler, auch frische Pilze. Aber das es inzwischen Krause Glucke und Rötel-Ritterling als Zuchtpilze gibt, war mir wirklich neu. Aufgrund der schlechten Transportmöglichkeit habe ich allerdings Schwarzen Trüffel den Vorrang gegeben.

Pilze

3. leergekaufte Stände – auch das ist für mich ein Novum – ich habe noch nie einen gänzlich leeren Stand gesehen. Also vor dem Abbauen, mitten in der besten Markthandelszeit…

Leerer Marktstand

Krimistadt Münster

Entgegen des Trends der Kriminalstatistik (die sinkt, auch beim Fahrradklau), sind in Münster gleich zwei Fernsehkrimis – und entsprechend viele Morde – zu finden.  

Krimistadt MünsterDer Hype um Regionalkrimis scheint den Zenit überschritten zu haben. Die Tatortwelle ebbt aber nicht ab und das Münsteraner Team ist absolute Spitzenklasse bei der Einschaltquote: rund 13 Millionen Zuschauer lockt Münster am Sonntagabend vor den Fernseher.

Immer mit dabei: Prof. Dr. Boerne, Alberich, Thiel, Nadeshda und Frau Staatsanwalt. Und Vadern, der Alt-Achtundsechziger Taxifahrer. Und die gute Stube von Münster, die gar nicht so lang und groß ist, wie die Filme vortäuschen. Wobei ein Großteil der Filme gar nicht hier gedreht wird. Sobald es sich um Innenaufnahmen handelt, wird getrickst und gern außerhalb Münsters gedreht.

Münster
Sonntag um halb elf… damit habe ich nicht gerechnet

Die Münsteraner sollen allerdings (gerade auch im Gegensatz zu den all-überall-dreh-genervten Kölnern) ein tolles Drehpublikum sein. Wenn „Achtung Aufnahme“, „Klappe“ erklingt, halte ganz Münster den Mund. Außer in der Vorweihnachtszeit, da sind wohl zu viele Besucher in der Stadt und die können dann schon mal die Dreharbeiten in die Länge ziehen. 

Vielleicht sollten die Autoren ihre Morde in den Vormittag verlegen – so eine leere Innenstadt habe ich selten gesehen.

Schloss Münster

Als wären St.-Paulus-Dom mit Markt, der pittoreske Prinzipalmarkt mit Giebelhäusern, dem gotischen Rathaus und der Stadtkirche Lamberti noch nicht genug, lockt das barocke Schloss mit Park und Botanischem Garten raus aus der Innenstadt.

Schloss Münster

Und dann noch Turner

In die Ausstellung zu J.M.W. Turner, den wir unter William Turner kennen, bin ich durch Zufall und zu meinem großen Glück geraten!

Turner Ausstellung

 

2 Antworten auf „Münster – nicht nur Deutschlands Radlhauptstadt“

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