Ein ganzes Buch über einen Baum, von dem wir glauben, dass wir ihn gut kennen?! Schließlich stand früher in jedem Hof eine Walnuss. Eine reichte, denn die liefert bis zu 100 Kilo Nüsse – im Jahr. Doch wir übersehen, dass Walnuss nicht gleich Walnuss ist – 22 Arten gibt es. Und diese unterscheiden sich als Flügel-, Zapfen oder Ferkelnuss 😉
Sie alle sind in Jonas Freis Buch vereint – ein „Who’s Who“ der großen Familie der Walnussgewächse.
Faszination Walnuss
Eine spitze, dunkle Nuss mit tiefen Furchen in der Schale weckte Jonas Neugier. Den wahrscheinlich dazugehörigen Baum in einem Züricher Park identifizierte er als Walnussbaum. Doch was war das dann für eine seltsame Nuss?
Der Aufbau des Buches
Es beginnt mit der Geschichte und Erforschung der Walnüsse, wechselt zu Nutzung und Symbolik, die Arten und Gattungen sowie ihr Vorkommen.
Bei den Gattungsname- und Artenporträts der Walnüsse kommt Jonas Frei auf zwanzig, die Flügelnüsse erhalten sechs und Hickorys und Zapfennüsse dreizehn Kapitel. Was für schöne Namen sie doch haben: Spottnuss-Hickory, Königsnuss, Ringelflügelnuss, Herznuss.
Jede dieser Nüsse wird auf einer Doppelseite anschaulich beschrieben. Mit zahlreichen Fotos – die sogar die Originalgröße veranschaulichen und das Bestimmen damit sehr vereinfachen. Es folgen Informationen zu Verbreitung, Wuchs, Blättern, Früchten und Vorkommen. Das ist supercool, weil Jonas Frei dabei verrät, wo man wahrscheinlich einen solchen Baum finden kann. Einige stehen nämlich in Parks und Botanischen Gärten in der Schweiz und Deutschland.
So findet ihr die Königsnuss, die zur Familie der Hickorys gehört, nach seiner Beobachtung in Basel in den St. Margareten-Anlage und dem Kannenfeldpark. Aber auch im Botanischen Garten in Dresden oder den Hohenheimer Gärten in Stuttgart. Falls ihr noch weitere Standorte kennt, freue ich mich davon zu lesen!
Quellen- und Literaturverzeichnis
Sind wir mal ehrlich: je umfangreicher und vielfältiger die Quellen sind, desto besser kann das Ergebnis sein. Muss es aber nicht, weil es durchaus auch Momente gibt, in denen sich Autoren in der Recherche und den Details verlieren können. Jonas Frei gehört nicht dazu. Es ist ihm gelungen, die wichtigsten Fakten unterhaltsam und gut verständlich zu verarbeiten. Sein fünfseitiges Verzeichnis der Quellen lädt eher zur weiteren Vertiefung in das Thema ein. Auch das Register ist schlüssig und anwenderfreundlich.
Die Illustrationen, der klare Buchaufbau, der Blick auf Ahnenstränge der einzelnen Gattungen und Arten – all dies dient dem Verständnis der Zusammenhänge der großen Walnussfamilie.
Eine meiner Lieblingsgeschichten
Kennt ihr chinesischen Wen-Wan-Nüsse, Iron oder Playing Walnuts? Dies sind zwei möglichst identisch aussehender Nüsse, die Jonas Frei als möglichen Hybrid zwischen unserer Echten Walnuss und der Mandschurischen Walnuss identifiziert. Ihre Schale ist dicker und stärker strukturiert.
Die Farbe dieser Nusspaare verändert sich im Laufe der Zeit durch das Drehen und damit Spielen in der Handfläche von hellem Beige zu einem intensiven Dunkelrot. Der Wert steigert sich mit dem Alter der Nutzung, der Ähnlichkeit der beiden Nüsse, ihrer Besonderheit und natürlich darüber hinaus, mit der Sammlerbegeisterung. So erinnern diese Nüsse ein wenig an die Tulpenmanie im 17. Jahrhundert … und das im 21. Jahrhundert. Irgendwie lernen Menschen wohl wenig dazu.
Jonas Frei
Dieser Mann ist wahrscheinlich in erster Linie ein Ästhet. Ein Mensch, der mit Hingabe sammelt, den Dingen auf den Grund geht und mit einem wunderbaren Gespür für Schönheit, seine Erkenntnisse ins richtige Licht setzt. Nicht nur, aber auch in seinen Zeichnungen und Fotografien. Schaut euch dazu einfach mal seine Homepage an oder folgt ihm auf Instagram.
Mein Fazit
Ja, wahrscheinlich muss frau ein wenig nerdig sein, um die Faszination dieses Buches wirklich zu erkennen. Obwohl Besucher, die es hier liegen sehen, es gleich in die Hand nehmen und mit Interesse durchblättern. Wahrscheinlich, weil wir denken, dass wir Walnüsse kennen und dann einsehen, dass wir keine Ahnung haben.
Ich jedenfalls bin diesem Buch vollständig verfallen. Und als mir Jonas erzählte, dass er aktuell Haselnüsse sammelt, war ich ein wenig schockverliebt.
Der einzige Makel (aller mir bekannten Bücher über Bäume!) – am Boden endet das Wissen. Die Wurzel fehlt.
Die Walnuss
AT Verlag, Aura und München 2019
240 Seiten, Hardcover, zahlreiche Fotos, Tafeln und eigene Illustrationen
22 x 30,7 cm, 39.- Euro
ISBN 978-3039020218
Transparenzhinweis
Ich danke dem AT Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Nach dem Telemediengesetz § 2 Nr. 5 TMG sind alle Links auf Verlage und Autoren inzwischen als Werbung zu kennzeichnen. Ich erhalte kein Geld für meine Rezensionen, ich beurteile die Bücher nach meinen eigenen Kriterien, auf die niemand Einfluß nimmt.
Die Nüsse auf den Fotos habe ich gekauft oder im eigenen Garten gesammelt.
Eine Kurzrezension zum Buch habe ich außerdem 2020 für den Grünen Anzeiger geschrieben.
2 Antworten auf „Die Walnuss – Jonas Frei“